Mit der Änderung durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde die elektronische Rechnung der Papierrechnung grundsätzlich gleichgestellt. Damit erfüllen elektronische Rechnungen uneingeschränkt die Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes und berechtigen damit – bei Vorliegen der entsprechenden Pflichtangaben – insbesondere zum Vorsteuerabzug. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Format (PDF, XML, EDIFACT etc.) der elektronische Rechnungsversand erfolgt.

Welche Anforderungen die Finanzverwaltung grundsätzlich an den elektronischen Rechnungsaustausch stellt, ergibt sich aktuell aus den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (kurz GoBD). Die Unterne.hmenspraxis sollte sich dabei an folgenden Regeln orientieren:

1. Aufbewahrungspflicht elektronischer Rechnungen:

Elektronische Rechnungen stellen originär elektronische Unterlagen dar, die entsprechend dem Umsatzsteuergesetzt 10 Jahre digital im Ursprungsformat aufzubewahren sind. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist. Die Aufbewahrungspflicht gilt unabhängig davon, ob die Rechnung im Produktivsystem, im Archivsystem oder durch eine Auslagerung in ein anderes DV-System abgelegt wird.

2. Unveränderbarkeit der Rechnung:

Elektronischen Rechnungen sind stets unveränderbar aufzubewahren. Spätere Änderungen sind ausschließlich so vorzunehmen, dass sowohl der ursprüngliche Inhalt als auch die Tatsache, dass Veränderungen vorgenommen wurden, erkennbar bleiben.

Soweit elektronische Rechnungen in einem reinen Dateisystem vorgehalten werden sollen, bedarf es zusätzlicher Schutzmaßnahmen. Zuletzt gilt, dass auch etwaige Systemwechsel oder Systemabschaltungen im Hard- oder Softwarebereich die unveränderbare Aufbewahrung nicht beeinträchtigen dürfen.

3. Lesbarkeit

Insbesondere für Betriebsprüfungszwecke müssen elektronische Rechnungen lesbar sein und lesbar bleiben. In diesem Zusammenhang ist sicherzustellen, dass Rechnungen in Formaten, wie beispielsweise XML oder EDIFACT, für das prüferische Auge lesbar dargestellt werden können und damit auch prüfbar im Rahmen einer Sichtprüfung sind. Dem steuerpflichtigen Unternehmen ist mithin zu empfehlen, zusammen mit der elektronischen Rechnung auch ein geeignetes Anzeigeprogramm (Viewer) vorzuhalten. 

4. Zeitgerechte Erfassung und Belegsicherung

Elektronische Rechnungen sind zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar nach Eingang oder Entstehung gegen Verlust zu sichern. Sofern die Aufbewahrung etwa in einem Achivsystem erfolgt, hat die Archivierung der elektronischen Rechnungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erfolgen, um mögliche Verluste und Manipulationen auszuschließen. Elektronische Rechnungen sind daher - unabhängig davon, in welchem Format diese in das Unternehmen eingeliefert werden - einer ordnungsmäßigen und vollständigen Belegsicherung zuzuführen.

5. Sonderfall E-Mail

E-Mails mit der Funktion eines Handels- oder Geschäftsbriefs oder Buchungsbelegs sind in elektronischer Form aufzubewahren. Soweit eine E-Mail jedoch ausschließlich als reines Transportmittel (analog dem Briefumschlag) dient, um die angehängte elektronische Rechnung zu übermitteln, ist diese grundsätzlich nicht zusätzlich aufzubewahren. Die Aufbewahrungs-pflicht bezieht sich ausschließlich auf den transportierten Inhalt (z. B. PDF-Datei). Allerdings kann sich das Unternehmen dennoch freiwillig zur Aufbewahrung der gesamten E-Mail entscheiden, um z. B. zu dokumentieren, von welchem Absender die E-Mail stammt und wann sie versendet und empfangen wurde (Audit-Trail).

6. Indexierung und Nachvollziehbarkeit

Elektronisch empfangene Rechnungen sind mit einem nachvollziehbaren und eindeutigen Index zu versehen. Dabei ist sicherzustellen, dass das elektronische Dokument unter dem zugeteilten Index verwaltet und recherchiert werden kann. Die vergebenen Zuordnungs- und Identifizierungsmerkmale sind bei der Aufzeichnung oder Verbuchung zu übernehmen, um eine spätere Prüfbarkeit zu ermögli-chen. 

7. Digitalisierung von Papierrechnungen

Einen Sonderfall der Erfassung stellt die elektronische Erfassung oder Digitalisierung von Papierrechnungen (Scan-Vorgang) dar. Werden Rechnungen in Papierform empfangen und anschließend elektronisch erfasst, so ist das Scan-Ergebnis so aufzubewahren, dass die Wiedergabe mit dem Ori-ginal bildlich übereinstimmt, wenn es lesbar gemacht wird. Der Verzicht auf Papierbelege darf die Möglichkeit der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit jedoch nicht beeinträchtigen.

8. Vernichtung von Originalen

Nach dem Einscannen dürfen Papierrechnungen – soweit sie nicht nach etwaigen Spezial-Vorschriften im Original aufzubewahren sind – unter bestimmten Voraussetzungen vernichtet werden. Insbesondere muss das verwendete Erfassungs- und Archivierungsverfahren den GoBD entsprechen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Erstellung einer Verfahrensdokumentation (siehe Punkt 12) zu. Diese sollte insbesondere Ausführungen zum Prozess sowie zu den personellen und den tech-nischen Anforderungen enthalten.

9. Reproduzierbarkeit

Soweit es sich um Ausgangsrechnungen handelt, ist für Zwecke der elektronischen Aufbewahrung eine inhaltliche Übereinstimmung gefordert. Aufgrund der damit einhergehenden Notwendigkeit historischer Stammdaten empfiehlt es sich in der Praxis, die entsprechenden Ausgangsbelege zum Zeit-punkt der Erstellung in einem Bildformat (z. B. PDF- oder TIFF) der Aufbewahrung zuzuführen und insoweit auch eine Migrationsunabhängigkeit zu schaffen.

10. Konvertierung und Zwischenformate

Bei einer Umwandlung (Konvertierung) von elektronischen Rechnungen in ein Inhouse-Format sind stets beide Versionen zu archivieren, diese unter demselben Index zu verwalten und die konvertierte Version als solche zu kennzeichnen. Eine Ausnahme hiervon stellen ausschließlich temporäre Zwischenspeicherungen von Verarbeitungsergebnissen dar, deren Inhalt im Laufe des weiteren Verarbeitungsprozesses vollständig Eingang in die Buchführungsdaten findet. Dabei ist zu beachten, dass die Umwandlung nicht zu einer Einschränkung der sog. maschinellen Auswertbarkeit führen darf, noch dürfen inhaltliche Veränderungen vorgenommen werden. 

11. Datenzugriff und Bereitstellung

Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat die Finanzverwaltung auch das Recht, Einsicht in elektronische Rechnungen zu nehmen und das vorhandene EDV-System zur Prüfung dieser Rechnungen zu nutzen. Dabei steht der Finanzverwaltung die Möglichkeit offen, im Rahmen einer Volltextsuche elektronische Rechnungen zu recherchieren bzw. diese maschinell auszuwerten. Auch im Fall digitalisierter Rechnungen ist dem Betriebsprüfer die Einsicht in die elektronischen Rechnungen über die betriebsinterne Hard- und Software unmittelbar am Bildschirm zu gestatten.

12. Verfahrensdokumentation

Für den elektronischen Rechnungsaustausch bzw. die Digitalisierung von Papierrechnungen ist eine Verfahrensdokumentation verpflichtend. Dies betrifft auch die im Umsatzsteuergesetz konstituierte Anforderung an ein innerbetriebliches Kontrollverfahren mit Prüfpfad (Rechnungseingangsprüfung). Insbesondere muss sich aus der Verfahrensdokumentation ergeben, wie die in den GoBD dokumentierten Ordnungsvorschriften Beachtung finden. Die Verfahrensdokumentation muss für einen sachverständigen Dritten verständlich und in angemessener Zeit nachprüfbar sein sowie über die gesetzliche Aufbewahrungsfrist in der jeweiligen Versionierung vorgehalten werden.

 Autor: Marc Ruoß